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Re: Thüringer Toskana ?????
Nachricht von JügenB SWTH
Hallo Bernd, Hallo Norbert,
Toskana? Ist ja wohl doch (noch) meilenweit davon entfernt.
Allerdings, die Wetterstationen - vor allem die bisweilen in den Fernsehwetterberichten auftauchen (z. B. Kaltennordheim in der Rhön oder Neuhaus am Rennweg) liegen doch erheblich ungünstiger und sind ziemlich kalt, wie der Name der Erstgenannten schon sagt.
Das zwischen der Rhön und des Thüringer Waldes tiefliegende und windgeschützte Werratal weist ein (regional gesehen) mildes Klima auf. In der hiesigen Gegend ist das Tal viel weiter, offener als weiter flussauf- oder auch flussabwärts. Der nördlich gelegen Thüringer Wald schützt in der Regel vor kalten NO-Winden, aber eben nicht immer und schon gar nicht so effizient wie die Alpen das Tessin oder Südtirol. Größere Kaltluftströme aus dem Thüringer Wald bzw. der Rhön fließen weiter westlich oder östlich ins Werratal, wobei dieses jeweils wieder enger wird und zudem die Werra die Richtung ändert, sodass unser Gegend davon verschont bleibt.
Der nördlich gelegene Thüringer Wald ist eine markante Wetterscheide. Der Übergang im Süden und Westen zu den angrenzenden Regionen ist fließender und nicht genau definierbar (klimatisch wie sprachlich). Hier überwiegt der subozeanische Einfluss bei einer gewissen Ähnlichkeit mit dem Klima des Rhein-Main-Gebietes (der Hessische Wetterbericht stimmt z. B. für unsere Ecke meistens besser als der Thüringer), aber eben höher gelegen und weiter östlich. Der subatlantische Einfluss zeigt sich auch an einem sekundären Niederschlagsmaximum im Dezember. Nach Osten nimmt der kontinentale Einfluss, d. h. der Übergang zum trocken-warmes Klima des Grabfeldes ebenfalls zu, aber weit weniger markant, wie zum Thüringer Becken nordöstlich des Thüringer Waldes. Das Klima dort ist erheblich kontinentaler geprägt. Beispielsweise vor 2 Jahren waren fast den ganzen Januar im Thüringer Becken Eistage mit Nachtfrösten im zweistelligen Bereich. Im hiesigen Bereich war es zur gleichen Zeit mind. eine Woche frostfrei. Ich bin z. B. zur Freitagsheimfahrt in dieser Woche (weiß leider das genaue Datum nicht mehr) in Erfurt bei -2°C weggefahren und zu Hause bei + 6°C angekommen (lt. Autothermometer). Die ganze folgende Woche war im Thüringer Becken unverändert Dauerfrost, unsere Gegend jedoch frostfrei. So krass es natürlich nicht immer, aber gerade im Winter hier häufig um 1, 2, 3 ° wärmer. Die windgeschützte Lage kann an einzelnen Wintertagen mit Hochdrucklage natürlich zu Inversionswetterlagen führen. Das Werratal, ebenso das Fuldatal sowie einzelne Flussabschnitte des Mains weisen in diesem Zusammenhang die größten Nebelaufkommen im Mittelgebirgsraum auf (BENDIX 2003).
Eine relativ nahe gelegene Wetterstation (siehe METEOMEDIA-MESSNETZ) ist Moorgrund-Gräfendorf-Nitzendorf, einem Nebental des Werratals. Dort ist es wiederum einen Touch kälter als hier. Dort, wo der Moorgrund - d.h. der Kaltluftabfluss des Moorgrundes - ins Werratal mündet, heißt der Berg der den Einmündungsbereich einengt und zu einer gewissen Düsenwirkung des Kaltluftstromes führt, im Volksmund „der Eisberg“. Habe ich auch erst vor kurzem entdeckt und schaue nun regelmäßig nach, die letzten Tage oft die höchste oder eine der höchsten Temperaturen in Thüringen (akt. Moorgrund - 0,5, hier + 0,0 °C / natürlich bei mir keine Standard. Messung).
Direkte Angaben zum Klima scheint es allerdings nicht zu geben, habe bisher jedenfalls nichts finden können. Für das ca. 25-30 km östlich gelegene Meinigen gibt es Angaben des Deutscher Wetterdienstes. „Von 1991 bis 2006 betrug an der Wetterstation 10548 in Dreißigacker (450m). der mittlere Jahreswert bei der Lufttemperatur 8,03 °C (interessant auch Jahresmittelwert von 1961-1990: 6,90°C – Klimaerwärmung?). In Meiningen (Stadtmitte 285 m) selbst lag dieser Wert um 9 °C (Klammerangaben ergänzt). Die Jahrestemperatur wird hier (ca. 250 m) eher noch höher (? 9,5-10°C) liegen. Die Niederschläge schätze ich bei 700 mm (im Regenschatten der Rhön ca. 650 mm / hier bereits im Randbereich der Staueffekte des Thür. Waldes). Winterliche Verhältnisse treten nur sehr selten auf.
Weitere klimabegünstigte Gebiete Thüringens sind die Täler von Saale, Orla und Unstrut, dort ist das Klima allerdings nicht mehr subatlantisch geprägt.
Natürlich versuche ich möglichst ausgewählte, härtere Herkünfte zu bekommen, so dass Winterschutzaufwand (of nur in ungünstigsten Jahren nötig) möglichst nicht erforderlich ist bzw. dann nicht so aufwändig sein muss. Entscheidend sind natürlich immer die Extremereignisse, die eben zu entsprechenden harte Selektionen führen, wie Josts Beispiel der harten Sequoia sempervirens „Illa Martin“. Neues zu versuchen und zu testen reizt mich natürlich immer, auch wenn Garten ist natürlich viel zu klein ist. Gelegentlich muss man halt auch mal brutal durchgreifen, auch wenn’s schwer fällt. Ein Garten ist eben nie fertig und man entdeckt immer wieder neues. Auch wenn im Kopf immer mehr Platz für Neues ist, manches möchte man dann doch selbst testen. Und die Pflanzen bleiben ja auch nicht so klein wie sie gepflanzt werden. Aber wer von uns kennt das nicht, ein Garten ist immer zu KLEIN unabhängig von der Gartengröße - selbst bei einem großen Garten.
Die Karwinskia oder das Kojotenfutter ist ein Kreuzdorngewächs (Rhamnaceae).
Ich hätte gerade noch 2 Pflanzen übrig. Leider sind keine neuen Samen im Angebot und ob Stecklingsvermehrung klappt muss man sehen. Sonst hoffen wir das die Pflanzen durchhalten und keimfähige Samen bekommen. Allerdings reichen 1-2 Beeren, wi r sind ja keine Kojoten
Übrigens die mallorcinische Rhamnus ludovici-salvatoris finde ich auch klasse – ebenfalls hübsches immergrünes Laub und rotzweigig.
LG Jürgen
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