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10.011.933 Artikelanzeigen seit dem 12.08.2005

Re: An Arnold... die "Beccari-Takil" in Rom ist zur Zeit also 118 Jahre alt!?

Nachricht von Arnold, Cologne

Hallo Helmut,

das sind aber viele "vielleicht"!
ich habe vor ein paar Tagen einen Beitrag dazu im F&Co Forum geschrieben, den du vielleicht nicht kennst, und in dem ich einige Hintergründe zur angeblichen Massenhybridisierung im Tessin geschrieben habe. Beccari hatte keine weibliche Takil. Er hätte dies bestimmt erwähnt, wenn es so gewesen wäre. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Erstbeschreibung der Spezies hatte er nur die eine männliche. Weibliche Blüten konnte er deshalb nicht beschreib en. Erst 1931 (11 Jahre nach sienem Tode) wurde von seinem Freund überarbeitetet Monographien veröffentlicht, in denen sich Hinweise auf weibliche Takil-Blütenstände finden. Diese hat sich Beccari aber aus Kumaon SCHICKEN lassen. Warum wohl, wenn er doch selbst welche in seinem Garten gehabt hätte? Liest man die Beschreibung dieser Blütenstände, so sind sie nahezu 100 % identisch mit Fortunei, filtert man die Unterschiede bei der Wortwahl heraus, so kann man von 100% identischen Blütenständen sprechen.

Natürlich kann niemand ausschliessen, dass (falls Takil und Fortunei überhaupt hybridisieren können, was ja auch noch nicht BEWIESEN ist, sich die eine oder andere Hybride vielleicht einmal ihren Weg ins Tessin gefunden hat.
Aber selbst wenn nun die eine oder andere F1-Hybride entstanden wäre und diese auch tatsächlich ihren Weg ins Tessin gefunden hätte, dann wäre diese, nimmt man eine Zeitspanne von 15 Jahren vom Samen bis zur Blühreife an, frühestens theoretisch ab 1920 in der Lage gewesen, im Tessin für F2-Hybriden, bzw für Hybriden aus der Rückkreuzung mit Fortunei zu sorgen. Damals gab es im Tessin bereits massenhaft Fortuneis.
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Das Bild stammt aus dem Jahre 1929 und diese Trachies konnen demnach keine Takil-Hybriden sein, sondern reine Fortuneis.

Also falls es die eine odere Hybride wirklich ins Tessin geschafft hätte und zur Blüte gekommen wäre,was wäre denn dann passiert? Diese Hybride wäre von vorhandenen Fortuneis bestäubt worden oder hätte andere fortuneis bestäubt. Es wäre also zu einer Rückkreuzung mit dem Fortunei Parental gekommen. Das häte zur Folge gehabt, dass daraus 50 % Hybriden und 50 % Fortuneis entstanden wären.
Erst diese Hybriden hätten dann die Möglichkeit gehabt (fürhestens ab 1935) F2-HYbriden zu bilden, diese isch durch hohe Variabilität auszeichnen.
Wieviel unterschiedliche F2-Hybriden dann hätten entstehen können, liegt an der Anzahl der unterschiedlichen Allele, die beide "Arten" trennen(Mendels Aufspaltungsgesetz. Dennoch würden unter den F2-Hbriden immer auch wieder ein bestimmter Anteil REINER Fortuneis und REINER Takils vorhanden sein. So wollen es die Vererbungsgesetze.
Aber wo sind diese denn? Zumindest die reinen Takils hätte man doch erkennen müssen.
Und noch eines. Damals wurden die Fortuneis ja noch von Gärtnereien gepflanzt. Wildwuchs kam kaum vor. Was wäre in den Gärtnereien passiert?. Den Namen Takil kannten die bestimmt gar nicht. Die benutzten ja dort selbst heute teilweise noch den falschen Namen Chamaerops excelsa. Was hätten die Gärtner damals gemacht mit offenbar verkrüppelt wachsenden Fortuneis? Richtig! Ausgesondert hätten sie die, ggf. auch entsorgt, weil die sich nicht gut verkaufen liessen. Das heute einige der Tessiner Trachies in der Jugend kriechen, ist doch völlig normal, weil dies auch bei Fortunei nicht unüblich ist.Wenn du 100 Samen einer x-beliebigen Fortunei ausbrütest, hast du in der Regel bestimmt 10 Sämlingen die später kriechen, manchmal sogar noch mehr. Das Kriechen haben viele Trachycarpen gemeinsam. Takil, oreophilus, martianus, latisectus, nanus (extrem) und auch fortunei (mehr oder weniger).Und auch längst nicht alle Takils kriechen in der Jugend.

Die Hybriden-Theorie kam doch auf, als man sich einfach gewisse Dinge nicht so richtig erklären konnte, nachdem die Takil 1990 wiederentdeckt worden war. Es wurden dann Merkmale der Takil zugeschrieben, die durch Beccari gar nicht gedeckt waren. Hier ist vor allem die asym. Hastula zu nennen, die seit 1993 plötzlich als DAS Takil-Merkmal schlechthin eingeführt wurde.
Heute sollte wohl klar sein, dass die asym. kein Takil-Merkmal ist. Tobias Spanner sagte, dass er diese Hastula an allen Hanfpalmen in Nainital, kKmaon gesehen habe. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass es ein arttypisches Merkmal für die T. takil ist. Bisher ist meines Wissens dieses Merkmal noch an KEINER Palme auftgetreten, welche aus Kumaon-Samen gezogen wurde. Da liegt der Verducht wohl sehr nahe, dass die asym. Hastula ihre Ursachen in einer Modifikation hat, einer Anpassung von Individuen an ganz bestimmte Lebens- und Wachstumsverhältnisse.
Da aber das Auftauchen dieser Hastula mehr oder weniger die Ursache und die Hauptbegründung für die Plausibilität einer möglicherweise erfolgten Hybridisierung der europäischen Fortunei-Populationen durch Takil war, muß man nun zwangsweise auch an dieser Theorie an sich zweifeln, wenn schon die Ursache nicht stimmig ist.
Es wurden doch schon Äusserungen gemacht wie: " Es gibt überhaupt keine reinen Fortuneis mehr. Heute sind das alles Hybriden aus Fortunei und Takil".
Schon anhand der ursprünglichen MENGENVERHÄLTNISSE von Takil und Fortunei muß diese Aussage doch absurd erscheinen, zumal erst so wenige Generationen seit der Einführung der ganz wenigen Takils vergangen sind.
Und sollte der Mensch eingegriffen haben, dann wohl eher zu Ungunsten der Takil, weil jeder sie in der Jugend für einen "Krüppel" gehalten hätte.
Und eines dürfen wir nicht vergessen. Damals gab es keinen Takil-Hype! Der kam erst in den Neunziger Jahren, als die Takil zu Super-Trachy hochgejubelt wurde.
Den ganzen Thread und auch einen Trhead zur Population am Gardasee kann man auf der fortuneiundCo Seite nachlesen.


Grüsse,

Arnold



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