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Re: Bring sie nach Pannonien ...

Nachricht von Karl, Carnuntum Z7b

Hallo!
Nun, nachdem ich selbst Winzer in Carnuntum bin, allerdings Petronell-Carnuntum (also sozusagen das "herz" von Carnuntum ) und auch des öfteren im Burgenland bin und auch einige Kollegen (studiere Weinbau und Landschaftsarchitektur an der Boku) von dort habe, hab ich ja einen kleinen Überblick über die Situation.
Es ist so: In Göttlesbrunn und Höflein ist die kleinklimatische Situation schon wieder etwas anders als im östlichen Carnuntum, nahe den Hunsheimer Bergen.
Nicht umsonst ist hier bei uns der spätreifende Blaufränkisch seit jeher die dominante Rotweinsorte, während rund um Göttlesbrunn der frühreifende Zweigelt dominiert und man im Vergleich nur sehr wenig Blaufränkisch findet (der wird dann meist (oft stillschweigend) aus Prellenkirchen, dem großen Blaufränkischzentrum zugekauft). Es ist nicht so, dass das gewaltige Unterschiede sind, doch sie sind in den Resultaten deutlich merkbar. Es reicht schon, dass es etwa während der Blütezeit ein wenig wärmer und trockener ist hier und schon kann der Blaufränkisch problemlos sein, oder verrieseln und es kommt nix gscheits raus. Auch die Böden sind unterschiedlich, und das oft schon auf kleinem Raum. So kann man auf den sandigen südorientierten Rieden am Spitzerberg oben mit einer um viele Tage früheren Lese rechnen, als einige Meter weiter, wo der Boden lehmig wird und auf den Schotterböden ist die Sache überhaupt komplizierter.
Die "Begünstigung" des Seewinkels kommt hauptsächlich daher, dass dort der Boden oft extrem leicht und sandig ist, was die Trauben (zumindest ohne Bewässerung) in manchen Jahren überhaupt notreif werden lässt, in anderen muss man rechtzeitig lesen, weil v.a. der Zweigelt auf solch hitzigen Böden leicht eine Art "Überreifeton" bekommt (den man nicht immer haben will), wenn er halbwegs reif ist, aber die Beeren durch leichten Wasserstress und Hitze einzutrocknen beginnen. Was noch dazu kommt und zu einer früheren Lese führt, ist der durch die höhere Luftfeuchtigkeit viel größere Fäulnisdruck im Herbst, der ein längeres Belassen am Stock v.a. bei botrytisempfindlichen Sorten wie Zweigelt und Merlot unmöglich macht. (Im Grunde wäre es ja gut, wenn die letzte Reifephase der Trauben in den Altweibersommer fällt, denn durch den Wechsel von kühlen Nächten und warmen Tagen wird das Aroma feiner, als wenn die Trauben regelrecht geröstet werden, aber bevor sie überreif werden, oder faulen, müssen sie natürlich weg).
Im Neusiedlersee-Hügelland ist es ähnlich wie hier: Durch die Reliefierung gibts auf kleinem Raum mikroklimatisch und edaphisch große Unterschiede.

Was die Temperaturen betrifft, so sind wir hier im Osten Carnuntums meist gleich auf wie Neusiedl am See. An manchen Tagen kanns aber gewaltige Ausreißer geben, v.a. im Herbst, wenns oft überall nebelig ist, nur hier ist es durch die Thermik des ausgetrockneten Berges bedingt strahlend sonnig. Diese Thermik ist es auch, die uns zusammen mit dem ständigen Wind zu einer der trockensten Regionen Österreichs mit einer ziemlich großen relativen Aridität und hohen Evapotranspirationswerten macht, weil sie dafür sorgt, dass Gewitter und kleinere Regenfronten wieder abdrehen, bevor noch ein Tropfen gefallen ist und das macht natürlich viel aus, gerade im Sommer.
Das sieht man auch gut an der Vegetation hier. Bei uns kommt z.B. die Rotbuche auf natürliche Weise nicht vor, weil sie von wärmeliebenden Flaum- und Zerreichenwäldern verdrängt wird, die auf den noch wärmeren und steinigeren Standorten in den Hunsheimer Bergen nur mehr als Buschwald auftreten, schließlich von Dornengebüschen und letzlich von xerothermen Trockenrasen und Felssteppenvegetation abglöst werden. Größere Flächen in den Hundsheiemr Bergen sind sogar auf natürliche Weise seit der letzten Eiszeit waldfrei und von primären Trockenrasengesellschaften besiedelt.
Im Sommer ist es so, dass wir bei Hitzewellen meist noch um einen kleinen Tick wärmer sein können, als die Gebiete um den See, weil die große Wasserfläche des Sees die Temperaturen dort etwas abpuffert. Das ganze kann hie und da aber auch umgekehrt sein, und so eine Art Warmluftblase sitzt grad am See unten.
Im Verlgleich mit der Stadt Wien haben wir ein deutlicher kontinentales Klima mit größeren Tagesamplituden, höheren Maxima und niedereren Minima. Insgesamt ist unsere Region ja sehr strahlungsintensiv, was sich natürlich auch in der Sonnenscheindauer niederschlägt und die dürfte schon so bei gut 2000 Stunden im Jahr liegen (ev. sogar mehr, aber die Zahlen aus den Chroniken hab ich nicht im Kopf). Das ganze ist aber schwierig zu verfolgen, weils bei uns leider keine offizielle Wetterstation (mehr) gibt.

Ich hoffe ich habe dir mit den Infos zur Region etwas weiterhelfen können. Wenn du dich für guten Wein aus Carnuntum interessierst, wüsste ich da auch eine Adresse... , vielleicht sieht man sich ja einmal.

Lg, Karl


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